Diakonie Gütersloh eröffnet Pflege-Wohngemeinschaft auf Gut Rietberg

Die Außenarbeiten sind noch nicht ganz abgeschlossen, doch drinnen herrscht schon reges Treiben: Pünktlich zur Eröffnung am 1. Februar sind die ersten Bewohner in die Pflege-Wohngemeinschaft (WG) auf Gut Rietberg eingezogen. Es ist bereits die zweite Wohngemeinschaft der Diakonie Gütersloh in Rietberg. Auch vier der barrierearmen Seniorenwohnungen im Obergeschoss des Gebäudes wurden bereits an die Mieter*innen übergeben. Nicole Karg, Leitung der WG, konnte es zum Schluss kaum noch erwarten: „Endlich zieht hier Leben ein!“

Im Erdgeschoss der ehemaligen Stallungen finden auf insgesamt knapp 900 Quadratmetern 18 Menschen mit demenzieller Veränderung ein neues Zuhause. So auch Theo Schütze (94), der bis vor Kurzem noch von seiner Ehefrau Rita (89) zu Hause betreut worden ist. Nach einem Herzinfarkt konnte Rita Schütze diese Aufgabe nicht mehr übernehmen, es musste eine neue Lösung für beide her. Als ihr Sohn Thomas Schütze von der neuen WG und den altengerechten Wohnungen erfahren hat, schaute er sich beides an. Jetzt lebt der Vater im Erdgeschoss in der Wohngemeinschaft, und die Mutter hat eine der kleineren Wohnungen im ersten Obergeschoss bezogen. Tagsüber können beide nun die Zeit gemeinsam verbringen, und nachts weiß Rita Schütze ihren Mann gut versorgt. „Und bei Bedarf können Mieter wie Frau Schütze auch Unterstützung durch das Diakonie-Team aus der Pflege-WG bekommen“, erklärt Nicole Karg. So hat sich das auch der Bauherr Carl-Philipp Tenge-Rietberg vorgestellt. „Mit der Wohngemeinschaft der Diakonie und den seniorengerechten Wohnungen darüber schaffen wir hier nicht nur simplen Wohnraum, sondern einen echten Lebensmittelpunkt.“ Damit verstärkt die Diakonie Gütersloh ihr Engagement in Rietberg.

Die Bewohner*innen werden nach und nach in die WG einziehen: im Februar insgesamt acht, im März folgen weitere. Acht der insgesamt 18 Zimmer sind noch frei. Natürlich achtet das Team um Nicole Karg ganz besonders auf den Infektionsschutz und die Hygiene – gerade mit Blick auf Corona: Vor jedem Einzug müssen die neuen Bewohner*innen einen negativen PCR-Test vorweisen, sechs Tage später erfolgt ein weiterer Labortest zur Kontrolle. Zusätzlich wird direkt am Eingang ein Corona-Schnelltest vorgenommen. Bewohner wie Besucher werden alle drei Tage mit einem Schnelltest auf das Virus kontrolliert. Sobald wie möglich wird es für diejenigen, die möchten, ein Impfangebot in der WG geben.

Trotz dieser Maßnahmen geht es vor allem darum, die betagten Menschen möglichst wenig aufzuregen und viel Normalität herzustellen. „Wir gestalten die Einzüge ganz bewusst in Ruhe und nacheinander, damit sich jeder so entspannt wie möglich in das neue Umfeld einleben kann“, sagt Karg. So könne sich das Team entsprechend mehr Zeit für den oder die neue Bewohner*in nehmen und bewusst in die Biografiearbeit einsteigen. Das bedeutet, dass die Vergangenheit der Menschen eine große Rolle spielt. „Gibt es traumatische Erfahrungen, die wir im Kontext betrachten müssen? Wie können wir Gewohnheiten pflegen und die Bewohner aktivieren? Wer mag welches Essen?“, stellt Nicole Karg nur einige der vielen Fragen, die bei der Biografiearbeit eine Rolle spielen.

Apropos Essen: Dieses ist bei älteren Menschen oft ein zentrales Thema. Denn einige essen generell zu wenig oder können nicht mehr alles vertragen. Durch das Alter verändert sich auch der Geschmack. Speziell Demenzkranke „vergessen“ das Essen oder haben durch ihren Bewegungsdrang einen gestiegenen Kalorienverbrauch. Die große Wohnküche ist deshalb ganz bewusst das Herzstück des Hauses. Bei ihren Spaziergängen durch die Flure oder auf dem Weg zur Terrasse kommen die Bewohner*innen zwangsläufig hier vorbei. Hier stehen Hauswirtschaftlerin Karin Herbeck und Friedhelm Vogel am Herd. „Wir machen alles selbst, kochen alles frisch“, betont Vogel. Jeden Monat gibt es ein Lieblingsgericht eines der Bewohner. „Klar wollen wir auch etwas verwöhnen“, sagt er mit einem Zwinkern.

Von der Wohnküche und dem zweiten, etwas kleineren Gemeinschaftsraum aus können die Senioren derzeit noch den Arbeitern beim Pflastern und Pflanzen zuschauen – gemütlich mit einem Kaffee in der Hand. Im Sommer belohnt sie dann ein Blick ins Grüne, der zum Spaziergang einlädt – das Gut Rietberg besticht durch viel Natur. „Das hier ist etwas ganz Besonderes“, schwärmt Nicole Karg von „ihrer“ WG.