Serie "Gesichter der Diakonie" (IV): „Ich habe noch nie so viel gelacht bei der Arbeit“

Simone Wosch ist eine von vielen Quereinsteiger*innen bei der Diakonie Gütersloh. Die 51-jährige examinierte Altenpflegerin arbeitet im „Haus am Pastorengarten“, einer Demenz-Pflege-WG in Isselhorst. Seit Kurzem ist sie dort außerdem Praxisanleiterin für die generalistische Ausbildung in der Pflege.

„Ich habe noch nie so viel gelacht bei der Arbeit. Hier erleben wir so viel Situationskomik … Eigentlich hat mir mein erster Beruf viel Spaß gemacht, aber der ist praktisch ausgestorben. Als gelernte „Produktgestalterin Textil“ habe ich zum Beispiel bei einem Webmaschinenhersteller Stoffmuster entworfen.

In einem Atelier Stoffmuster entworfen

Das war in einem mittelständischen Betrieb in Krefeld. Dort habe ich im Atelier Stoffmuster entworfen, die so weiterverarbeitet wurden, dass sie hinterher gewebt werden konnten; also vom Entwurf bis zur fertigen Ware. Die Webstühle wurden damals mithilfe von Lochkarten gesteuert.

Dieses Geschäft hatte keine Zukunft. Produkte zum Beispiel aus Fernost waren viel günstiger. Also habe ich in einem Büro gearbeitet. 2001 zog ich aus privaten Gründen nach Hannover und arbeitete ab 2008 in Bielefeld in einer kleinen Marketingabteilung, doch die wurde auch geschlossen. 2016 war das. Daraufhin bot mir das Arbeitsamt eine Umschulung an.

„Gibt es im Büro etwa keinen Stress?“

Ich entschied mich für die Pflege. Ohne vorher ein Praktikum zu machen, ohne es erst einmal auszuprobieren. Warum? Mir war wichtig, nie wieder arbeitslos zu werden. Bekannte haben mich gefragt: „Hast du keine Angst vor dem Stress?“ Ich habe zurückgefragt: „Gibt es im Büro etwa keinen Stress?“

Damals war ich 45. Drei Jahre hat die Ausbildung zur Altenpflegerin gedauert. Ich war in der Intensiv- und der Demenzpflege tätig, in der Tagespflege und in der Wiedereingliederung. Dabei geht es um junge Erwachsene mit multiplen Erkrankungen, wie MS, Chorea-Huntington etc. In der Wiedereingliederung habe ich auch mein praktisches Examen absolviert.

„Ich liebe die Ehrlichkeit dieser Menschen“

Trotzdem zog es mich in den Demenzbereich, denn ich liebe die Ehrlichkeit dieser Menschen. Bei allem, was sie sagen, und in ihrem Handeln. Wenn dich jemand doof findet, bekommst du das sofort gespiegelt. Und du weißt: Sie meinen einen ja nie persönlich. Oft sind sie in einer Zeitschleife hängengeblieben und verwechseln dich mit jemandem aus ihrer Vergangenheit. Ein älterer Herr ist zum Beispiel besonders freundlich zu mir, weil ich seiner Ehefrau ähnlichsehe.

Im November 2019 begann ich hier in der Pflege-WG in Isselhorst.

Schichtdienst macht mir nichts aus. Mein Mann kennt das selbst beruflich und zeigt Verständnis.

Ich arbeite in einem tollen Team mit guten Mitarbeitern. Manche sind schon seit der Eröffnung dabei. So etwas ist immer ein Zeichen dafür, dass ein Haus gut geführt wird.

Seit kurzem bin ich zusätzlich Praxisanleiterin. Dafür habe ich mich selbst gemeldet. Ab dem Sommer 2023 darf ich Prüfungen begleiten. Darauf freue ich mich schon sehr.

Außerdem interessiert mich die neue Akademie der Diakonie Gütersloh. Sie ist im August 2022 an den Start gegangen, und ich mache mit.