„Über den Tellerrand“ schauen

Kojar Faris Lawend (73) und Sohn Rezan Khaleel Jadaan (34) bereiten Teig für die Fladenbrote zu. Beide nehmen regelmäßig an dem Projekt „Über den Tellerrand“ teil. Foto © DiakonieVerband Brackwede

Im Tanoor-Ofen werden die Teigfladen gebacken. Foto © DiakonieVerband Brackwede

Khaled El Solh (2. v. l.) aus dem Libanon bereitet einen besonderen Belag zu, den er zusammen mit Ehrenamtlerin Anna Eckert (3. v. l) auf den Teigfladen verteilt. Links im Bild: Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch vom DiakonieVerband Brackwede. Foto © DiakonieVerband Brackwede

Koch-Events der Stadtteilkoordination Brackwede bringen Menschen aus aller Welt an einen Tisch

Der Duft von frisch gebackenem Brot zieht vom Nachbarschaftstreff Uthmannstraße 13 zu den umliegenden Häusern. Auf der Terrasse bereitet eine jezidische Familie Fladenbrote zu, schnell und versiert in einem „Tanoor-Ofen“, als Basis für ein gemeinsames Mahl von etwa 30 Teilnehmenden im Rahmen des Projekts „Über den Tellerrand“.

„Essen verbindet.“ Diese Erfahrung macht Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch vom DiakonieVerband Brackwede immer wieder, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen. Etwa bei den „interkulturellen Kochabenden“, die bereits seit 2017 monatlich angeboten werden.

Den Geschmack von Heimat erleben

Fladenbrot kommt fast immer auf den Tisch. Es ist mehr als eine Sättigungsbeilage, denn es bringt für viele geflüchtete Menschen gute Erinnerungen und den Geschmack der Heimat nach Ostwestfalen. Der DiakonieVerband hat deshalb im September 2022 einen gasbetriebenen Tanoor-Ofen angeschafft, mit finanzieller Unterstützung durch die Stadt Bielefeld. Anschließend entstand ein zusätzliches Food-Event, das „Irakisches-Tanoorbrot-Backen“. Es findet jeweils am letzten Samstag im Monat von 16 bis 19 Uhr statt.

In dem Spezialofen wird der Fladenteig seitlich an die Ofenwand gedrückt. Nach wenigen Minuten ist er fertig gebacken und kann herausgeholt werden. Aber vorsichtig, mit einem Handtuch, damit sich niemand die Finger verbrennt.

An diesem Nachmittag kommen vor allem Speisen aus dem Irak und dem Libanon auf den Tisch. Dolma (mit Reis, Fleisch oder Gemüse gefüllte Wein- oder Mangoldblätter), irakische Suppen wie Lablabi (eine arabische Kichererbsensuppe) und vieles mehr. Dazu gibt es Chai-Tee und Wasser mit Zitrone und Minze.

Früher kochte sie für bis zu 1.000 Gäste

Kojar Faris Lawend hat die Teigfladen geformt. „In einem anderen Leben“, vor der Flucht aus dem Irak vor dem Islamischen Staat, bereitete die 73-Jährige in ihrer Heimatstadt Shingal häufig Essen für bis zu 1.000 Gäste auf Hochzeiten oder Trauerfeiern zu. Hier in Brackwede assistieren ihr ihre erwachsenen Kinder.

„Wenn später alle zusammen an der langen Tafel im Nachbarschaftstreff Uthmannstraße sitzen und ein gemeinsam zubereitetes Menü aus Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise genießen, dann macht das etwas mit den Menschen“, sagt Sonja Frisch. „Sie zeigen eine gegenseitige Wertschätzung, die im Alltag oft fehlt. Nebenbei werden beispielsweise Fluchterfahrungen und andere Probleme angesprochen, die völlig Fremde einander normalerweise wahrscheinlich erst einmal nicht anvertrauen würden. Auch das verbindet.“

Da ist zum Beispiel Rezan Khaleel Jadaan: „Aus meiner Familie sind 15 Personen gestorben, darunter die Großmutter“, erinnert sich der 34-jährige Jezide und blickt für einen kurzen Moment ins Leere. „Das kann man nicht vergessen.“

Gemeinsam Erdbeeren und Äpfel ernten

Wer mag, kann zum Format „über den Tellerrand“ selbst Gerichte beisteuern. Im Februar 2023 stand beispielsweise ein sudanesisches Team am Herd und servierte köstliche Speisen wie Assida, Basbousa, Roub, Falafel, Auberginen-Salat, Taqalia, Foul und Köfta.

Bei gemeinsamen Ausflügen lockt „Über den Tellerrand“ zudem hinaus in die Natur. Dorthin, wo schmackhafte Kräuter und Früchte wachsen und geerntet werden dürfen. Und bei der anschließenden Verwertung im Nachbarschaftstreff Uthmannstraße erfahren die Beteiligten, was sich alles daraus zaubern lässt.

Die nächsten Termine

  • Erdbeerpflücken am 4. Juli 2023 um 17 Uhr. Treff: Senner Straße 211 in 33659 Bielefeld
  • Brombeerpflücken am 12. August 2023. Die Teilnehmenden treffen sich um 10 Uhr an der Haltestelle Rosenhöhe.
  • Apfelernte im September 2023. Der genaue Tag wird noch bekanntgegeben. Treff ist auf jeden Fall um 12 Uhr an der Steinhagener Straße 29 in 33649 Bielefeld.

Die Veranstaltungen sind kostenlos. Allerdings ist die Teilnehmerzahl je nach Veranstaltungsformat auf rund 30 Personen begrenzt. Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es bei der Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch per E-Mail (sonja.frisch(at)diakonie-bielefeld.de) oder per Telefon: 0521 94239120.

Wer über jeden Termin Bescheid wissen möchte, kann sich via bielefeld(at)ueberdentellerrand.org in einen Verteiler aufnehmen lassen.

 

Kojar Faris Lawend (73) und Sohn Rezan Khaleel Jadaan (34) bereiten Teig für die Fladenbrote zu. Beide nehmen regelmäßig an dem Projekt „Über den Tellerrand“ teil. Foto © DiakonieVerband Brackwede

 

Im Tanoor-Ofen werden die Teigfladen gebacken. Foto © DiakonieVerband Brackwede

 

Khaled El Solh (2. v. l.) aus dem Libanon bereitet einen besonderen Belag zu, den er zusammen mit Ehrenamtlerin Anna Eckert (3. v. l) auf den Teigfladen verteilt. Links im Bild: Stadtteilkoordinatorin Sonja Frisch vom DiakonieVerband Brackwede. Foto © DiakonieVerband Brackwede