Wie das Ernst-Barlach-Haus in der Pandemie Kultur und Geselligkeit möglich machte

Indoor-Konzert mit Gitarrist Hermann Taube 2021 im Ernst-Barlach-Haus. Eine Plexiglasscheibe bot zusätzliche Sicherheit.

Viel ist die Rede von Vereinsamung in Altenheimen während Corona. Doch es gibt auch andere Erfahrungen, wie „Gartenkontakte“ und geselliges Beisammensein auf Abstand, bei Drehorgelspiel und Gitarrenklang. Zum Beispiel im Ernst-Barlach-Haus (EBH) des DiakonieVerbands Brackwede in Sennestadt: „Wir hatten immer Programm, wenn auch unter erschwerten Bedingungen“, fasst die Mitarbeiterin im Sozialen Dienst Nicole Schipplick zusammen.

Das Altersheim habe großes Glück gehabt, sagt Einrichtungsleiterin Birgit Vogelsang: „Kein einziger Corona-Fall in der ganzen Zeit.“ Um jedoch trotz der Pandemie ein Kulturprogramm anzubieten, noch dazu mit Musik, mussten weitere Faktoren hinzukommen. Beim EBH sind es drei: eine vorteilhafte „Garten-Weg-Konstellation“, ein Pfarrer, der Posaune spielt und sehr musikalisches Personal.

Ein Fußweg spielte die Hauptrolle

Am Garten des EBH führt ein offizieller Fußweg entlang. Das bietet viele Möglichkeiten, wie Nicole Schipplick berichtet: „Sogar im ersten Shutdown ab Mitte März 2020 konnten unsere Bewohner*innen ihre Angehörigen sehen. Diese standen „draußen“ auf dem Weg, während die Senior*innen sicher im Garten blieben.“

Künstler kamen in den Garten

In der wärmeren Jahreszeit gab es auf der Rasenfläche zwischen Haus und Garten zahlreiche Outdoor-Veranstaltungen. Mit Einschränkungen, versteht sich: maximal 30 bis 40 Personen. Keine Chöre, kein Orchester, Mindestabstand gemäß Corona-Schutzverordnung, so die Anweisungen.

Externe Künstler durften das Altenheim nicht betreten. Also wurden sie durchs Gartentor auf den Rasen „geschleust“. Die Bewohner*innen sahen vom Balkon aus zu, als Hermann Taube Evergreens und Volkslieder auf der Gitarre spielte, ein Clown Spöks mit seiner Ukulele machte und ein Drehorgelspieler nostalgische Gefühle weckte. Sogar eine Chanson-Sängerin trat mit ihrem Pianisten auf. Nicht zuletzt gastierten die Bielefelder Philharmoniker auf dem Rasen. In Kleinstbesetzung, als Quartett, auf Initiative der Bürgerstiftung.

Nachbarn sahen von Balkonen aus zu

Zahlreiche Nachbarn des EBH konnten die musikalischen Darbietungen ebenfalls genießen. Genauer gesagt: die Seniorinnen und Senioren im Service-Wohnen des DiakonieVerbands Brackwede, die ihrerseits auf den Balkonen lauschten.

Gottesdienst mit Blasmusik im Freien

Großes Engagement bewiesen zudem zwei Geistliche: Pfarrer Wilhelm Zahn von der Ev. Kirchengemeinde Sennestadt spielte zusammen mit Christian Klieber Posaune im Garten und Diakon Rainer Kamper lud zu Bibel-Gesprächskreisen, allerdings ohne Musik.

Mitarbeitende traten auf

Als es Ende 2020 kälter wurde, waren interne Aktivitäten möglich, ausgenommen im Februar 2021: Damals war die Angst vor Mutationen groß. Ab März 2021 gab es wieder Gruppenangebote im EBH, allerdings ohne Gäste oder Künstler von außen. Für Nicole Schipplick kein Problem. Die Mitarbeiterin im EBH ist auch Sopranistin und Konzert-Gitarristin. Und weil sie zum Mitarbeiterstab gehört, durfte sie jederzeit auftreten. Also spielte der Pianist Klaus Tegeler Lieder für sie ein und ihr Ehemann bearbeitete die Aufnahmen: Mit der individuellen Hintergrundmusik „vom Band“ trat sie vor „ihr“ Publikum.

„Sicher ist sicher“

Auftritte drinnen, das bedeutet rollbare Plexiglas-Wände, Abstand, Spuckschutz. „Bewohner kommen auch nicht mehr so auf einen zu wie früher“, erinnert sich Nicole Schipplick an ihre jüngsten Auftritte. „Es gibt eine gewisse Hemmschwelle.“

Das spürte sie auch bei ihrem ersten größeren Auftritt am 10. Mai im Speisesaal, zusammen mit Ivo Kanz.

Theoretisch dürften jetzt auch Angehörige dazukommen. „Im EBH machen wir das aber noch nicht“, erklärt Nicole Schipplick. „Unter Corona-Auflagen ist der Saal dafür nicht groß genug.“ Daher finden die Veranstaltungen außerhalb der Besuchszeiten statt. Und bei den Auftritten bleiben die Wohnbereiche getrennt – „sicher ist sicher.“